Mein Corona-Tagebuch Mittwoch, 11. März, Tag 9:

Auf dem Weg zur Arbeit um 8.10 Uhr ruft mich eine Kollegin an und berichtet. Sie hatte in der Nacht Bereitschaftsdienst und war fast ununterbrochen beschäftigt und konnte nur 2 Stunden schlafen (heute macht sie normal Praxis!). Sie hatte Kontakt zu einer meiner Patientinnen.

Diese klagte über eine schwere Bronchitis mit Atemnot und hatte natürlich Angst vor Corona. Also wurde der Rettungsdienst mit 2 Sanitätern hingeschickt. Diese waren unsicher und forderten den Notarzt nach. Der stellte eine mittelschwere aber „banale“ Bronchitis fest, ohne dass eine stationäre Aufnahme erforderlich wäre. Nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt in der Nacht, soll tagsüber eine Testung auf Corona erfolgen. Das soll jetzt ich in die Wege leiten. Was muss ich tun? Welche Papiere sind nun erforderlich?

Ich checke nun also die Kriterien der RKI und halte Rücksprache mit der Patientin. Sie ist heiser, hat Husten und etwas erhöhte Temperatur, hatte keinen Kontakt zu Infizierten und war nicht im Risikogebiet. Sie hat allerdings Angst, sie könnte infiziert sein. Ich kann das natürlich nicht ausschließen. Also nach den Kriterien des RKI keine Indikation zur Testung. Ich erkläre ihr diesen Sachverhalt, verordne sicherheitshalber ein Antibiotikum und verpflichte sie zu Quarantäne zum Schutz der Umgebung. Bei Verschlechterung kann sie mich über mein Privathandy direkt erreichen.

Dies teile ich meiner Kollegin vom Bereitschaftsdienst mit, die mich darauf hinweist, dass das Gesundheitsamt in der Nacht aber die Testung empfohlen hat. Ok, ob sinnvoll oder nicht ich fülle alle Zettel aus und meine Mitarbeiterin wird mit dem Fax betraut. Die Patientin wird darüber informiert, dass der Fahrdienst zur Probenentnahme kommt und sie bis auf weiteres unter offizieller Quarantäne steht. Das Fax von KV und Gesundheitsamt ist dauerbelegt. Um 12.00 ist das FAX ans Gesundheitsamt durch: Falsches Formular! Also richtiges Formular ausgefüllt und erneut gefaxt. Das Fax an die KV geht im 14.30 endlich durch. Und das bei einer Patientin neben dem normalen Praxisbetrieb! Das kann nicht lange gut gehen.

Die weltweite Ausbreitung von COVID-19 wird von der WHO zur Pandemie erklärt. Die Gefährdung für die Bevölkerung wird zum jetzigen Zeitpunkt als mäßig eingeschätzt. Spätestens jetzt ist klar, dass da eine ziemlich große Welle auf uns zukommt. In Erinnerung an die außergewöhnlich starke Grippesaison 2017/2018, in der laut Robert-Koch-Institut 25.100 Menschen an der Grippe gestorben sind, ist mir klar, dass da viel Arbeit auf uns zu kommt.

Um 10.00 Uhr wird Elsass-Lothringen zum Risikogebiet erklärt. Das ist 2 km Luftlinie von meiner Wohnung entfernt. Viele Deutsche wohnen in Frankreich und arbeiten in Deutschland. Dort wohnende Kinder dürfen nicht mehr in deutsche Schulen und das Abitur steht bevor. 2 Schulen sind bis zum Wochenende geschlossen.

Veröffentlicht von Dr. Claudia Thiel

Ich bin Ärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizinerin. Meine Mission ist es, Menschen zu helfen, durch eine geeignete Ernährung gesund und schlank zu bleiben oder Krankheit zu heilen.

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